Kurz vor Weihnachten haben wir noch ein echtes Schmuckstück ins Fenster gepackt: Ein
Hell/Siemens KF-108d.
Das erste Faxgerät das in nennenswerten Zahlen zum Einsatz gekommen ist. Entwickelt bei Hell in Kiel wurden ab 1956 rund 100.000 Geräte bei Siemens gebaut. Zum Einsatz kamen die Geräte hauptsächlich bei der Bundespost zur Übermittlung von Telegrammen. Mit dem Kleinfax war es erstmals möglich auch handschriftliche und fremdsprachige Texte zu übertragen. Oder auch Schecks und andere eilige Wertdokumente.
In weniger als 4 Minuten konnte ein A5 großes Dokument quer durch die Republik übertragen werden. Natürlich gab es vorher schon Faxgeräte, diese waren aber nicht nur teurer sondern benötigten auch Spezialpapier und eine aufwändigere Technik. Das KF108 war der Durchbruch für Faxbenutzung im Alltag.
Das zu sendende Dokument wurde auf eine Walze gespannt, welche zu rotieren begann und mit einer einzelnen Fotodiode abgetastet. Das Signal wurde von einem Röhrenverstärker in einen Ton gewandelt und zur Gegenstation übertragen. Ja, eine komplett analoge Sache mit Getrieben und synchronisierten Motoren. Die Synchronisation erfolgte über die Netzfrequenz. Das heißt beide Geräte mussten an Wechselstromnetzen mit gleicher Frequenz und stabilem Gleichlauf betrieben wurden.
Anders als in der letzten Zeit oft kolportiert, sind heutige Faxgeräte der Gruppen 3 und 4 rein digitale Medien. Die zu sendenden Dokumente werden gescannt, komprimiert und als Datenpakete an die Gegenstelle gesendet. Nicht viel anders als wenn man ein Bild mit dem Handy aufnimmt und per WhatsApp oder Twitter versendet. Der Umstieg erfolgte schon Anfang der 1980er Jahre. Microprozessorbasierte Gruppe 3 Geräte machten Fax versenden auch für kleine Betriebe erschwinglich, in den 90ern dann auch Zuhause.
Damit war aber die Entwicklung des Fax noch lange nicht am Ende. Ab Ende der 1990 wurden Fax-Dienste Teil integrierter Kommunikationslösungen. Im Zuge der Einführung von Computernetzwerken in Unternehmen verschwanden die einzelnen Fax-Geräte aus den Büros und wurden durch zentrale Server ersetzt. Die Nummern für die einzelnen Abteilungen wurden zu virtuellen Anschlüssen auf diesen Servern.
Wenn heute jemand ein Fax an die Münchner Stadtverwaltung schickt, so landet das auf so einem Server, geht von da aus direkt in ein Archivsystemen und wird per Email an den jeweiligen Sachbearbeiter weitergegeben. Papier entsteht da schon seit vielen Jahren nicht mehr. Genauso gehen ausgehende Faxe direkt vom PC an den Empfänger.
Als digitales Medium ist Fax weder veraltet noch am Ende – und taugt schon gar nicht als Beispiel für Rückständigkeit. Das zu behaupten ist ungefähr genau so neben der Wahrheit, wie moderne Handys als veraltet zu bezeichnen, weil man ja immer noch damit telefoniert.
Und dann kommt am 27.1.2022 ein Beitrag in den Tagesthemen, der das Märchen vom analogen Fax verwendet um einen Punkt zu machen. Da wird eine Schwester einer Berliner Intensivstation gezeigt, die die Falldaten für die Meldung an das Gesundheitsamt am PC erfasst, dann ausdruckt mit dem Ausdruck über den Hof rennt um in einem anderen Bau ein dort noch vorhandenes Fax zu füttern. Eineinhalb Stunden gehen da laut Kommentar jeden Tag verloren, alles weil so altmodisch und analog.
Ein wunderbares Beispiel für die Veraltung unserer Verwaltung, nicht?
Nein!
Das einzige was das Beispiel zeigt, ist, dass das Krankenhauses zurück hängt und die Verwaltung nicht wirklich rechnen kann. Ein faxfähiger Drucker kostet etwa 200 Euro. Ich kenne jetzt nicht den internen Stundensatz für eine Fachkraft in einer Intensivstation, aber ich bin mir sehr sicher, dass der Aufwand – selbst inklusive den Kosten für Techniker und Admin – in wenigen Tagen wieder drinnen ist und ab da wertvolle Arbeitszeit gespart wird.
Wohlgemerkt, kein Fax-Server der allen zugute kommen würde und Prozesse im ganzen Krankenhaus verbessern kann, sondern einfach nur ein Drucker , der, wie eh für diesen Arbeitsplatz vorgesehen, lokal angeschlossen wird. Damit wird die Meldung erst gar nicht mehr auf Papier ausgedruckt, sondern wird direkt ans Gesundheitsamt gesendet. Und auch dort wird er wohl nicht mehr auf Papier ausgedruckt, sondern geht direkt vom Eingangsserver an den zuständigen Sachbearbeiter.
Das Analoge an dem Ablauf ist nicht das Fax – das ist voll digital, sondern die Unfähigkeit im Krankenhaus digitale Abläufe zu implementieren. Digitalisierung hat nun mal rein gar nichts mit Medium (oder Internet) zu tun, sondern bezieht sich allein auf die Integration von Abläufen, der Unterstützung der täglichen Arbeit. Die Neuerfindung der Welt überlässt man besser den Anfängern die noch daran glauben.
Was in diesem Krankenhaus – und Deutschland insgesamt – in den bisherigen zwei Jahren der Pandemie mit Jammern anstelle Machen verschwendet wurde ist kaum berechenbar, wird aber an dem Beispiel sehr deutlich.
Trotz alledem: Euch allen ein gutes Neues 🙂